Leserbrief an die Badische Zeitung

Am 24. April erschien ein Artikel in der Badischen Zeitung, den wir nicht unkommentiert lassen konnten. Anbei der Leserbrief, der im Namen der IG Dreisam an die Badische Zeitung geschickt wurde und bereits vor einiger Zeit abgedruckt wurde. 

Der schöne Schein
Ist das renaturierte Stück Dreisam wieder ein lebendiger Fluss geworden? Gewässerökologo Hans Jürgen Hahn bezweifelt das / Von Andreas Frey (BZ-Artikel vom 24. April 2019)

 Gewässer renaturieren – eine Generationenaufgabe

Nach Ansicht zweier Gewässerökologen sind Renaturierungen solange kosmetische Maßnahmen, wie diese nur stellenweise erfolgen. Haben Sie damit Recht?

Der schöne Schein, so lautet der BZ-Artikel vom 24. April 2019, in welchem die Gewässerökologie der Dreisam beleuchtet wird. Die Ergebnisse stimmen in der Tat nachdenklich, jedoch wird mit keinem Wort der gerade für die Dreisam verheerende Sommer 2018 erwähnt. Die sehr geringen Abflüsse in einer mehrmonatige Phase und schließlich die Austrocknung des Gewässerbettes sind mit Sicherheit ein ganz wesentlicher Grund für das Besorgnis erregende Ergebnis bei den Wasserlebewesen. Bereits in der extremen Niedrigwasserphase vor der Austrocknung dürften Belastungen durch Kläranlagen, Regenüberläufe u.a. den Tieren den Garaus bereitet haben. Unklar ist auch, ob die Ebneter Grundwasserentnahme die Versinkung von Dreisamwasser nicht noch beschleunigt hat.

Aber sollten wegen des schlechten Ergebnisses einzelner Stichproben gleich ganze Renaturierungen schlechtgeredet werden? Klar ist doch, dass der Mensch v.a. im 19. Jahrhundert die Gewässer nach seinen Bedürfnissen geformt hat. In der Folge hat sich unsere gesamte Landnutzung auf die ausgebauten Gewässer eingestellt. Egal ob Landwirtschaft, Siedlung, Verkehrswege oder Leitungen, alle haben den Platz genutzt, den das Gewässer abgeben musste. Um jetzt diesen eingegrenzten Wasserautobahnen wieder etwas mehr Naturfunktion zu verleihen, bedarf es gewaltiger Anstrengungen. Allein die große Schar der Betroffenen und Mitredner macht manches Mal einen einfach erscheinenden Planungsprozess langwierig und schwierig. Es sind eben die wider­streitenden Ansprüche an Hochwasserschutz, mehr Erlebnisraum, mehr Natur, mehr Wasserkraft, vielen flussnahen Bauwerken und Leitungen die in der Tat oft nur kleine Schritte zulassen.
Da bedarf es eines langen Atems, bis das an den vielen Kilometern begradigter Läufen erkennbar und messbar zu mehr Lebendigkeit führt. Aber: Steter Tropfen höhlt den Stein.

Es wird sicher noch Jahre, gar Jahrzehnte dauern, bis Flüsse wieder ein enges Netz an Lebensräumen aufweisen werden. Das Konzept ist durchaus da, nur braucht dessen Umsetzung Zeit. Es wird wohl eine Generationenaufgabe, um soviel Renaturierungen zu schaffen, damit die Flüsse wieder ein Stück ihres früheren Aussehens und ihre Lebewelt wieder zurückerhalten. Der Weg zu mehr Umsetzung bleibt steinig, jetzt aufzuhören ist aber der falsche Ansatz. Und: An der Dreisam wurde mit der Renaturierung Kartauswiese gerade mal der erste Baustein verwirklicht.

Mit freundlichen Grüßen,

Timo Heimann
1. Vorsitzender 
Interessengemeinschaft Dreisam e.V.